Brief des
Vorstands­vorsitzenden

Thomas Rabe
Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Freundinnen und Freunde
des Hauses Bertelsmann,

wir blicken auf ein gutes Geschäftsjahr 2023 zurück. Der Umsatz von Bertelsmann lag zum zweiten Mal in Folge über der Marke von 20 Milliarden Euro. Er verblieb damit trotz des Verkaufs der Anteile am Customer-Experience-Unternehmen Majorel auf dem Rekordniveau des Vorjahres. Wir steigerten unser Konzernergebnis um mehr als 25 Prozent. Es lag im neunten aufeinanderfolgenden Jahr über einer Milliarde Euro. Bertelsmann profitierte in einem anhaltend herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld von der breiten Aufstellung und den Wachstumsimpulsen unserer Boost-Strategie – allein 2023 lagen die Boost-Investitionen bei 1,4 Milliarden Euro.

Der Konzernumsatz von Bertelsmann blieb mit 20,2 Milliarden Euro und einem Rückgang um -0,4 Prozent stabil auf dem Vorjahresrekordniveau. Das organische Wachstum betrug 0,8 Prozent. Umsatzzuwächsen vor allem in unseren Buchverlags-, Musik- und Bildungsgeschäften standen insbesondere rückläufige TV-Werbeerlöse gegenüber.

Das Operating EBITDA adjusted lag mit 3,1 Milliarden Euro auf dem hohen Vorjahresniveau. Ergebnisanstiege im Bildungsgeschäft der Bertelsmann Education Group sowie in den Dienstleistungsgeschäften der Arvato Group kompensierten den Ergebnisrückgang der RTL Group weitgehend. Das Konzernergebnis lag mit 1,3 Milliarden Euro um 0,3 Milliarden Euro über Vorjahr. Dazu trug insbesondere der Gewinn aus dem Verkauf der Majorel-Anteile bei. Das Eigenkapital von Bertelsmann erhöhte sich auf 15,2 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Eigenkapitalquote von 46,5 Prozent.

In den Jahren 2021 und 2022 musste Bertelsmann vier geplante Unternehmenstransaktionen absagen, drei davon wegen der ablehnenden Haltung der Wettbewerbsbehörden. Wir haben in der Folge gute alternative strategische Lösungen gefunden: So verlängerte die französische TV-Gruppe Groupe M6 die Senderlizenz ihres Hauptsenders, kündigte ein Investitionsprogramm und ambitionierte Wachstumsziele für den Streaming-Dienst M6+ an und erwarb die Übertragungsrechte für die Fußball-Weltmeisterschaften 2026 und 2030. Im Dezember 2023 vereinbarte die RTL Group den Verkauf von RTL Nederland für 1,1 Milliarden Euro an DPG Media, verbunden mit einer umfassenden strategischen Partnerschaft. Penguin Random House erwarb 2023 insgesamt zehn Verlage, unter anderem die Mehrheit an dem stark wachsenden Verlag Sourcebooks in den USA. Und schließlich verkaufte Bertelsmann seine Anteile an dem Customer-Experience-Unternehmen Majorel für rund eine Milliarde Euro an den Marktführer Teleperformance.

Bertelsmann wird künftig das Wachstum mit vier Stoßrichtungen vorantreiben. Die erste Stoßrichtung ist unser Boost-Programm, in das wir seit 2021 bereits 3,9 Milliarden Euro investiert haben. Ziel sind insgesamt fünf bis sieben Milliarden Euro bis Ende 2026. Bei der zweiten Stoßrichtung unserer Strategie, „Next“, geht es um den Aufbau neuer Geschäftsbereiche mit einem langfristigen Umsatzpotenzial von etwa einer Milliarde Euro. Hier sehen wir insbesondere im digitalen Gesundheitsgeschäft in den USA große Chancen. Bei der dritten Stoßrichtung, „Breakout“, geht es um den Ausbau bestehender Geschäfte und die Erweiterung ihrer Wertschöpfungsketten durch das Zusammengehen mit anderen Unternehmen, etwa im Bildungsbereich. Und bei der vierten Stoßrichtung, „Regional Boost“, geht es um den Ausbau unserer Geschäfte in besonders vielversprechenden Regionen. Neben den USA, die in wenigen Jahren den höchsten Anteil zu unserem Konzernumsatz beisteuern werden, stehen Brasilien, Mexiko und Indien im Fokus.

Bertelsmann ist auch im Jahr 2023 bei seinen strategischen Wachstumsprioritäten – Nationale Media-Champions, Globale Inhalte, Globale Dienstleistungen, Bildung, Beteiligungen – gut vorangekommen.

Nationale Media-Champions

Die RTL Group zählte 5,6 Millionen zahlende Abonnent:innen für ihre Streaming-Dienste RTL+ in Deutschland und Ungarn sowie M6+ in Frankreich. Das ist ein Zuwachs von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Sender RTL und Vox belegten Platz eins und zwei unter den beliebtesten Privatsendern in Deutschland und sind Marktführer in der werberelevanten Zielgruppe. Mit der Verlängerung der exklusiven Übertragungs- und Streaming-Rechte für die UEFA Europa League und die UEFA Europa Conference League sicherte sich RTL Deutschland attraktive Sportrechte bis 2027. RTL Ungarn erwarb erstmals die Übertragungsrechte für die UEFA Champions League ab der Saison 2024/25.

Globale Inhalte

Das Video-Produktionsunternehmen Fremantle erzielte große Erfolge mit seinen Unterhaltungsshows, Filmen, Serien und Dokumentationen. Die irische Fremantle-Tochter Element Pictures erhielt elf Oscar-Nominierungen und gewann vier Oscars für „Poor Things“ mit Emma Stone. Insgesamt bekam Fremantle 145 Auszeichnungen. Penguin Random House stockte seine Beteiligung am US-Verlag Sourcebooks auf 53 Prozent auf und erwarb das Verlagsvermögen des US-Sachbuchverlags Callisto Media. Beide gehören zu den am schnellsten wachsenden Verlagen der USA. Zu den größten Bestsellern des Jahres zählte in den USA „Reserve“ von Prinz Harry, ein Titel, der sich dort mehr als drei Millionen und weltweit insgesamt sechs Millionen Mal verkaufte. Die Musiktochter BMG tätigte 30 Katalogerwerbe und kaufte den Songkatalog der britischen Rock- und Popband The Hollies sowie einen maßgeblichen Anteil der Musikbeteiligungen von Paul Simon, darunter die Rechte an den Lizenzeinnahmen der Aufnahmen von Simon & Garfunkel.

Globale Dienstleistungen

Der Logistikdienstleister Arvato nahm in den USA, in Spanien und in Polen drei neue Distributionszentren in Betrieb, Arvato Systems gewann im Gesundheitswesen und in der Energiewirtschaft neue Kunden und der Finanzdienstleister Riverty vertiefte Kundenpartnerschaften unter anderem mit dem Unternehmen Easypark. Auch der weltweit tätige Customer-Experience-Dienstleister Majorel, an dem Bertelsmann mit 39,5 Prozent beteiligt war und den der Konzern über die ersten zehn Monate des Jahres vollkonsolidiert hat, wuchs im abgelaufenen Geschäftsjahr dynamisch und baute seine Beziehungen mit Auftraggebern unter anderem aus den Branchen Internet/Hightech, Banken/Versicherungen, Energie/Versorgung und Tourismus weiter aus. Anfang November gab das französische Unternehmen Teleperformance den Vollzug des Ende April angekündigten freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots für alle Majorel-Aktien bekannt. Bertelsmann hat seine Anteile übertragen und dafür neben einem Barpreis von 685 Millionen Euro etwa vier Prozent der Aktien von Teleperformance erhalten.

Bildung

Die Bertelsmann Education Group profitierte vom dynamischen Wachstum von Afya. Das Nasdaq-notierte Bildungsunternehmen ist führender Anbieter für medizinische Aus- und Weiterbildung sowie für digitale Lösungen für Ärzt:innen in Brasilien. Neben dem organischen Geschäftsausbau setzte Afya seine Akquisitionsstrategie weiter fort und erwarb zwei medizinische Hochschulen. Durch die Übernahme erhöhte sich die Zahl der Medizinstudienplätze bei Afya auf 3.163 pro Jahrgang. Aktuell sind damit rund 21.500 Medizinstudierende an Hochschulen von Afya eingeschrieben. Darüber hinaus erweiterten der auf Aus- und Weiterbildung im US-Gesundheitswesen spezialisierte E-Learning-Anbieter Relias und die berufspraktisch orientierte Alliant International University ihr Angebotsportfolio und konnten die Zahl ihrer Kunden bzw. Studierenden ebenfalls steigern.

Beteiligungen

Bertelsmann Investments tätigte im vergangenen Geschäftsjahr 35 Neu- und 16 Folgeinvestitionen in Unternehmen und Fonds und hält damit insgesamt 363 aktive Beteiligungen. 69 Beteiligungen davon sind Investitionen in KI-fokussierte Unternehmen. Der Bereich Bertelsmann Next treibt die Entwicklung neuer Wachstumsbranchen und Geschäftsfelder voran und stärkte im Jahr 2023 sein Engagement insbesondere im Geschäftsfeld Digital Health über diverse Direkt- und Folgeinvestitionen sowie im Geschäftsfeld HR Tech durch Akquisitionen wie beispielsweise von Studyflix, der größten Karriere-Plattform für Schüler:innen und Student:innen im deutschsprachigen Raum. Seit dem Start der Fondsaktivitäten im Jahr 2006 wurden durch das Fondsnetzwerk und die Aktivitäten im Bereich Bertelsmann Next bisher rund 1,9 Milliarden Euro in rund 500 innovative Unternehmen und Fonds investiert.



Liebe Leserinnen und Leser, für 2024 rechnen wir mit einem moderaten Umsatz- und Ergebnisanstieg in den fortgesetzten Geschäften.

Aufgrund des Verkaufs von Majorel sowie des geplanten Verkaufs von RTL Nederland passen wir unsere Umsatz- und Ergebnisziele für das Jahr 2026 an und rechnen fortan mit einem Konzernumsatz von rund 21 Milliarden Euro sowie einem Operating EBITDA adjusted von rund 3,4 Milliarden Euro. Darin nicht enthalten sind die möglichen Zuwächse aus „Breakout“-Investitionen und „Regional Boost“. Durch den Verkauf von Majorel und den geplanten Verkauf RTL Nederland stehen uns erhebliche zusätzliche Mittel für Investitionen und Wachstum zur Verfügung.

Ich freue mich, wenn Sie unser Haus auf dem Weg in die Zukunft weiter begleiten würden.